„Buon giorno sinora“, begrüßte mich der kleine Italiener und ich war sichtlich beeindruckt von seinem smarten Äußeren. „Il mio nome è Antonio”, flötete er weiter ich dachte nur, wenn der so weiter macht muss, ich doch noch einen Italienischkurs belegen. Doch dann wechselte er seinen Sprachmodus: “Ische möchte gerne Ihre liebreizende Tochter ab´olen!”. Hm, was will dieser Zwerg von meinem Kind? Ich setzte mein breitestes Lächeln auf und bat ihn herein.
…“Gnusprige“ Liebe
So war es nun um die Liebe meiner Tochter bestimmt, es musste ja auch unbedingt ein Italiener sein, auch noch ein Sizilianer! Mein Mann Fred meinte neulich noch: „Pass auf, die sind alle mit dem Paten verwandt und zudem gnadenlos eifersüchtig. Wenn die mal ne Frau ausgesucht haben, dann darf die nicht mal einen anderen anschauen, geschweige denn mit einem anderen reden oder gar tanzen.“
Nun gut, er betrat das Haus und ich rief nach meiner Tochter Lilly. Sie war einen halben Kopf größer als er und passte mit ihrer schlanken Figur und den ewig langen, blonden Haaren so gar nicht zu ihm. Lilly hatte mit dem italienischen Flair nichts gemein. Aber gut, wo die Liebe hinfällt, ich will mich da nicht einmischen.
„Oh Bella, du siehste ´eute aber wieder ganz besonders gnusprik aus!“
„Ja, zum Anbeißen, nicht wahr?“ grinste ich ihm entgegen und zeigte dabei meine scharfen Zähne. Ich hoffe das der gelernte Koch nicht auch andere Frauen „gnusprik“ findet. Er ignorierte mich, nahm stattdessen, ganz Gentleman Lillys Hand und deutete einen Handkuss an. – ooooooh ganz die alte Schule, wie vornehm, dachte ich.
„Mama, wir sind dann mal weg, wir gehen ins Kino und anschließend was essen“, flötete meine Lilly und schaute dabei verliebt zu ihrem Toni.
Essen gehen? Wozu ist er Koch? Bringe sie mir aber heile wieder, sonst werde ich zum Paten …., hätte ich gerne hinterhergerufen, stattdessen wünschte ich beiden einen netten Abend und entließ sie mit einem zart schmelzenden Lächeln und winkend aus dem Haus.
So ein Proll
„Sag mal Fred, hast du diese Proll-Kiste gesehen?“, frage ich meinen Mann. Ich schaute dem röhrenden Hirsch – ach nein, Mustang – aus dem Fenster hinter her.
„Ja, er hat doch neulich seinen alten Wagen zu Schrott gefahren, ist wohl von der Straße abgekommen. Der Mustang ist ein Leihwagen.“
„WAS!“, schrie ich empört, „und das sagst du mir erst jetzt?“
„Ja was“, meinen Mann schien nichts aus der Ruhe zu bringen. „Er ist Jung, ungestüm, da kann das schon mal passieren, war doch nur Blechschaden.“
Ich fasse es nicht. Mein Mann saß da und redete so, als sei es das normalste der Welt, sein Auto zu Schrott zu fahren.
„Beruhig dich Leni“, meinte Fred und zappte dabei durch die Fernsehprogramme. „Er ist ansonsten ein recht umsichtiger Autofahrer.“ Damit war für ihn die Sache erledigt.
Ich fragte mich, woher er das wusste. Er war doch sonst immer so um Lilly besorgt.
Den muss man unter die Lupe nehmen
Es gibt viele Gründe, warum ich diesen Toni schärfer unter die Lupe nehmen muss. Dieses ganze vornehme Gehabe war doch gespielt. „Oh Bella, du bist ´eute so gnusprik!“ Er wickelte meine Tochter um den kleinen Finger, weil er an unser Geld will. Ja, unsere Tochter ist ein guter Fang. Sie wird einmal einige Milliönchen erben. Was sagte mein Mann erst neulich. „Er ist ein erstklassiger Koch und wird sich einmal selbstständig machen!“ – sicher, aber nicht auf meine Kosten und nicht mit meiner Tochter, sie hat was Besseres verdient. Mich kann er nicht beeindrucken und schon gar nicht um den kleinen Finger wickeln.
Das mit unter die Lupe nehmen tat ich dann auch. Aber alles, was ich dabei über ihn herausfand, war, dass er wirklich eine ehrliche Haut sein muss. Aber dann geschah es doch.
Geheimnisse
Toni hatte Geheimnisse und meine Tochter wohl auch. Sie sprachen nicht laut darüber, sondern finden an zu flüstern, wenn ich den Raum betrat. Also fing ich an, ihnen hinterher zu spionieren. So ergab sich der Tag, als Lilly und Toni vollkommen aus dem Häuschen waren. So aufgebracht sah ich beide schon lange nicht mehr. Toni hatte mittlerweile sein neues Auto. Einen großen BMW-Kombi. Seltsam war das schon. Vom Porsche, den er ja zu Schrott gefahren hatte auf einen riesigen Kombi. Ich ahnte Fürchterliches und beobachtete das Verhalten von Lilly, sie war doch nicht etwa schwanger. Ja, so kann man auch an Millionen kommen, einfach die Geliebte schwängern. Doch fragen wollte ich nicht. Also wartete ich ab. Es schienen heiße Vorbereitungen zu laufen.
„Mama, mach Dir mal keine Sorgen“, riet mir mein Kind.
„Ich, wieso ich, sehe, ich so aus, als würde ich mir Sorgen machen?“
Lilly rollte nur mit den Augen und verschwand wieder. Ich schien wie ein offenes Buch durch die Gegend zu laufen.
Es war recht spät am Abend, als dann das Telefon klingelte, ungewöhnlich für diese Zeit. Ich starrte zu Fred und hielt die Luft an. „Na, es wird doch nichts passiert sein?“ Ich riss den Hörer vom Telefon und hechelte: „Hallo?“!
„Mami….! Mami, es ist so schrecklich!“
„Was Kind, hat er dir was getan…?“, ich war entsetzt, mein Herz raste. Doch dann hörte ich nur noch einen plumpen Aufprall und es war totenstille.
„Ohhh mein Gott!“, schrie ich. „Fred, da ist was passiert. Wir müssen unser Kind retten!“ Fred schaute mich argwöhnisch an. „Du siehst Gespenster.“
„Doch, doch, ich habe einen Schlag gehört und nun ist niemand mehr am Telefon.“
Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, da sprang Fred aus dem Sessel und rannte in die Garage zum Auto. „Nu komm, schau nicht so belämmert, wir müssen hinfahren.“
„Na endlich siehst du ein, dass da was nicht stimmt mit dem Kerl. Hoffentlich nicht zu spät.“
Das Fahrzeug gleitete durch die Dunkelheit. Fred war nur wenig aufgeregt. „Du sag mal wo fahren wir eigentlich hin?“
„Na zu den Kindern.“ Wie immer war er verstockt und nur kurz angebunden. Ich war lieber still, denn ich wollte ihn jetzt in der Aufregung nicht verärgern.
Wenige Kilometer hielten wir in einer Sackgasse am Rande eines Feldes. „Hier? Was sollen die Kinder hier in der Einöde.“
Fred sprang aus dem Wagen und eilte, ohne meine Frage zu beantworten zu einem Gebäude, das hell erleuchtet, einsam, wie die Gegend hier am Wegrand stand. Ich eilte hinterher.
Gruselig
Der Anblick, der sich mir beim betreten der Gastwirtschaft, wie sich dann herausstellte, bot, war erschreckend. Bereits vor dem Eingang zog sich eine dicke Blutspur durch den Gastraum bis zur Küche. Ich zitterte und wollte nach Lilly rufen, doch meine Stimme versagte. Fred war bereits vorausgeeilt ich konnte ihn nicht mehr sehen. Es war keine Menschenseele da und auch nichts zu hören. Die Blutspur wurde immer breiter und mein Herz blieb beinahe stehen. Dann sah ich sie. Noch mit dem Telefonhörer in der Hand lag mein Kind rücklings auf dem Boden. „Lilly!“, schrie ich und beugte mich über sie. Just in diesem Augenblick öffnete sie die Augen und sagte: „Gott iss mir schlecht, ich muss gleich kotzen!“ Ich suchte an ihrem Körper nach Verletzungen. „He, lass das, ich bin OK!“Fauchte mich Lilly an und drückte mich zur Seite, um aufzustehen.
„Ja, aber was ist, denn passiert!“, fragte ich erstaunt.
„Na der Toni, der Toni …“, stotterte sie und verlies die Küche. Ich natürlich hinter ihr her.
Wir verfolgten weiter der Blutspur, die ins Badezimmer führte. „Na da bist du ja endlich, kannst du mal den Verbandkasten holen!“, rief Fred. Lilly drehte sich angewidert zur Seite. „Oh, Gott, ich kann doch kein Blut sehen!“
Da sah ich die Bescherung, Toni hatte sich den halben Finger abgesäbelt und blutete recht stark. Eilig holte ich den Verbandkasten und versorgte seine Wunden.
„Du meine Güte, ich dachte er hätte dich umgebracht.“
Toni grinste breit. „Ja, das ´abe isch mir vorgestellt. Isch wollte die liebe Mama mal so rischtig erschrecken, nur leider ist das nicht gelungen.“
„Mama, der Toni und ich haben diese Restaurant hier gekauft und wollte Euch damit überraschen.“
„Ach?“, fragte ich überrascht, „… und mit was für einem Geld?“
„Mit meine´ Geld, gnädige Frau“, erklärte Toni. „Ich bin zwar nischt der Sohn von die Paten, aber meine Eltern sind ebenfalls Gastronomen und ´aben mir das Geld zur Verfügung gestellt. Ich ´offe, dass isch nun die Grande der Frau Mutter ´abe, ihre Tochter auch ´eiraten zu dürfen.“
Fred stand grinsend daneben und hielt Tonis Hand.
„Sag mal hast du das die ganze Zeit etwa gewusst?“
„Ja…!“, grinste Fred mich frech an. „Die Kinder wollte es dir nur recht machen, deshalb der Plan mit dem Restaurant und der Überraschung, aber das ging ja leider etwas in die Hose!“
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