„Sie können es unmöglich gewesen sein“, sagte Inspektor Klippel. Eine kleine rundliche Frau von 59 Jahren saß weinend vor ihm. „Dreimal haben Sie jetzt schon einen Mord gestanden, den Sie nicht begangen haben können“, wiederholte der Inspektor. „Erstens wurden die wahren Täter bereits kurz nach der Tat gefasst. Und zweitens hatten Sie keine Möglichkeit und auch kein Motiv, diese Menschen zu töten.“
Er klopfte ihr auf die Schulter. „Gehen Sie zu einem Psychologen. Der wird Ihnen helfen, sich nicht immer schuldig zu fühlen, wenn wieder mal ein Mord in der Zeitung steht.“
Ich habe das Gefühl es gewesen zu sein…
Hilde Hartmann trocknete sich die Tränen und nickte. „Ich habe das Gefühl, es gewesen zu sein. Ich kann nichts dafür. Ich fühle mich, als gehöre ich ins Gefängnis und wäre eine Gefahr für die Menschheit.“
Sie stand auf und ging nach Hause. Nach Hause zu ihrem Mann Franz. Seit 25 Jahren traktierte er sie, war gemein und brutal. Es war kaum auszuhalten. Ängstlich öffnete sie die Haustür und wieder einmal wünschte sie sich weit weg von ihm. Ja, am liebsten würde sie ins Gefängnis gehen, um vor ihm sicher zu sein.
„Wo warst du? Wo treibst du dich rum?“, polterte Franz los. Er holte sich ein neues Bier aus dem Kühlschrank und torkelte zum Fernsehsessel. „Mach mir was zu essen, aber dalli!“
Hilde ging in die Küche. Plötzlich stand er in der Tür. „Bist du bald fertig, ich habe Hunger.“ Er kam auf sie zu und schubste sie. „Los, mach!“
„Ich beeil´ mich ja.“ Ihre Stimme zitterte. Franz‘ Gesicht wurde hart, und seine Muskeln spannten sich. Mit voller Wucht schleuderte er Hilde gegen den Küchenschrank. „Wird´s bald!“ schrie er sie an. Der Kühlschrank fing verdächtig an zu wackeln. Hilde kannte diese Szene, die sich Tag für Tag wiederholte. Sie schielte auf den Küchenschrank. Alles war vorbereitet. Sie drehte sich um und schrie: „Ich will nicht, lass mich in Ruhe, jetzt reicht es!“
Vorsicht …!!!
Eine Steinfigur in der Form eines Maulwurfs, die oben auf dem Küchenschrank stand, wackelte bedenklich. Das Geschirr im Schrank schepperte und fiel durcheinander. Eigentlich sollte die schwere Steinfigur längst im Garten stehen.
Wieder stieß Franz seine Frau heftig, der Schrank kippte leicht nach vorn und die Figur fiel direkt auf seinen Kopf. Langsam sank der Koloss von Mann in sich zusammen. Blut strömte aus seinem Kopf. Hilde starrte erschrocken auf ihren Mann, der bewegungslos auf dem Boden lag und stöhnte. Hastig nahm sie die Figur und schlug, ohne lange zu überlegen, mit voller Kraft erneut auf die Wunde.
Dann rannte sie schreiend aus dem Haus. Erst vor der Polizeistation ein paar Straßen weiter blieb sie stehen.
Ich muss einen Mord gestehen …
„Schnell, schnell, zu Inspektor Klippel. Ich muss einen Mord gestehen.“ Hilde wurde zu ihm geführt …
„Nun beruhigen Sie sich. Ich schicke ein paar Leute zu Ihnen nach Hause, die den Fall unter die Lupe nehmen.“ Als die Mannschaft zurückkam, ging Inspektor Klippel abermals zu Hilde, die verwirrt in einem Raum auf ihre Verhaftung wartete.
„Sie können jetzt nach Hause gehen. Ihr Mann wurde bereits von einem Bestattungsinstitut abgeholt.“„Aber wieso kann ich nach Hause gehen? Ich habe ihn getötet. “Ich weiß, Frau Hartmann. Es ist sehr tragisch und Sie sollten wirklich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Wir können Sie nicht hier behalten, es war ein Unfall. Sie haben Ihren Mann nicht getötet. Er war wohl selbst daran schuld. Er ist betrunken gegen den Küchenschrank gestürzt, und diese Steinfigur ist ihm auf den Kopf gefallen. Er war sofort tot.“Hilde schaute ihn mit ungläubigen Augen an. Doch innerlich dachte sie: Endlich bin ich frei.
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Weitere Kurzkrimis von mir:
Mit mir nicht
Nicht jeder Schatz macht reich
Tag X
Einmal Bulle, immer Bulle
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