Auf Wunsch vieler Anfragen aus meiner FB-Gruppe „häkeln unzensiert“, – ich möge doch mehr „Kurzkrimis“ veröffentlichen – , habe ich mich entschlossen, gleichsam auch meinen Blog damit zu bereichern und aufzulockern, da ich ja sonst oft recht schwierige Kost serviere.
So wünsche ich viel Vergnügen beim Lesen und hoffe Euch damit eine Freude zu machen.
Herzlichst Annette
In Mainz Bretzenheim
Ich ließ den Mainzer Hauptbahnhof hinter mir, lief vorbei an den vielen Verkaufständen und erreichte beinahe atemlos die Tramlinie nach Bretzenheim. Mein Herz schlug heftig vor lauter Aufregung, ich schaute ständig in die Fensterscheiben der langsam vorbeifahrenden Autos und Taxis und korrigierte mein Äußeres. Schließlich wollte ich ja gut aussehen. Ein Blind Date, mein Erstes, sollte mich erwarten. Ich saß in der Straßenbahn und schloss die Augen. „Ob er wirklich so gut aussieht wie auf dem Foto im Internet?“, überlegte ich in diesem Moment. Er beschrieb sich als groß, schlank, breitschultrig und sportlich. Sein Foto zeigte ihn mit Schirmmütze, sein Gesicht lag leicht im Schatten, so konnte ich nur sein markantes Kinn erkennen, seine Augen waren bedeckt. Die Idee ist verrückt, das Kribbeln in meinem Bauch verstärkte sich.
Wie oft wird man gewarnt vor solchen Treffen?
Noch eine Station und mein Ziel war erreicht. Ich stand schon mal auf und ging zum Ausgang. Gleichzeitig stand ein Mann auf, der die ganze Fahrt bislang unbemerkt hinter mir saß. Er hatte seinen Kopf traurig gesenkt. Vor mir schaute ich in die Glasscheibe der Tür, sehe den Mann hinter mir stehen und erkannte nun sein Antlitz. Sein kantiges Kinn schob er plötzlich fordernd nach vorne, seine eindringlich schauenden Augen starrten in meine, als wolle er mich hypnotisieren. Seine scheinbare Traurigkeit war wie weggeblasen. Die Straßenbahn stoppte, der Mann wurde dabei leicht nach vorne geschoben und berührte mich. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Nun raste mein Herz, aber nicht mehr vor Aufregung, sondern vor Furcht. Das Grinsen des Mannes wurde hämischer, er zwinkerte bedrohlich mit einem Auge. Draußen war es bereits dunkel, die Straßenlaternen leuchteten hell, aber um mich war keine Menschenseele zu sehen. Der Fremde und ich waren die Einzigen, die aus der Straßenbahn kamen, es war die Endstation. Mein Date sollte mich eigentlich in den Park führen, doch ich war unentschlossen. Was ist, wenn der Mann hinter mir das Blind Date ist und mich auf eine ganz andere Weise kennenlernen möchte. Ich atmete schwer und hatte nur Sekunden, um zu entscheiden, in welche Richtung ich nun gehe. Aber wohin, ich kannte zwar die Richtung in den Park, aber wo würden mich die anderen Wege hinführen, ich war fremd in Bretzenheim.
„Ins Licht“
…, meine Entscheidung war gefallen. Ich ging mit schnellen Schritten ins Ortsinnere, drehte mich nicht nach dem Mann um, konnte aber seinen Atem im Nacken spüren. Meine hohen Stöckelschuhe hinderten mich daran zu rennen. Ich blieb zwischen den Pflastersteinen hängen und knickte um. Kurz drehte ich meinen Blick zur Seite und konnte den Mann näherkommen sehen. Ich fror, war es der kalte Windstoß, der mich mit einem Mal umfasste oder die Angst, die mich schaudern ließ. Ich fühlte seinen Atem im Nacken noch stärker. Seine Schritte wurden lauter, ich riss mir im Lauf die Schuhe von den Füßen und begann zu rennen. Der Gang hinter mir wurde ebenfalls schneller. Rechts, links, ich entschied mich wieder neu, immer noch keine Menschen zu sehen, der Ort schien wie ausgestorben. Mit Bangen stellte ich fest, dass am Ende der Straße alles dunkel war, keine Laternen mehr, die den Weg beleuchteten, ich rannte schneller, ich war verzweifelt, ich wollte schreien, aber mir blieb keine Luft, um es zu tun. Dann fühlte ich Laub unter meinen nassen, klammen Füßen, und die Dunkelheit umhüllte mich. Ich stand mitten im Park. Eine Hand riss an meinem Mantel, ich fiel zu Boden. „Hab ich dich du Luder, jetzt bist du reif!“ Ich wollte schreien, doch die Atemlosigkeit hinderte mich daran. Hilfe, ich war verloren. Dann ein Schlag. Ich schloss die Augen und wartete auf den Schmerz …, doch der kam nicht. Stattdessen hörte ich eine Stimme sagen: „Darf ich Ihnen behilflich sein?“ Ein Mann stand breitschultrig vor mir und reichte mir seine Hand. „Mein Name ist Kriminalkommissar Pit Porter vom BKA.“ Dabei schob er seine Schirmmütze nach hinten und ich konnte seine klaren lächelnden Augen im Dunkeln schimmern sehen. „Der Mann, der sie verfolgt hat, ist ein lang gesuchter Verbrecher. Die Polizei wird gleich da sein. Mir zu Füßen lag wie durch ein Wunder, lang ausgestreckt und bewusstlos der fiese Kerl aus der Tram. „So, die Arbeit wäre geschafft und nun zu meinem Vergnügen, ich hab nämlich heute eigentlich meinen freien Tag und noch eine Verabredung. Ein Blind Date.“
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Weitere Kurzkrimis von mir:
Segeltörn
Mit mir nicht
Nicht jeder Schatz macht reich
Tag X
Einmal Bulle, immer Bulle
Comment
Ich weiß ich wiederhole mich, klasse. Mit frdl. Grüßen