Was für ein tolles Gefühl, frei atmen zu können, ohne auch nur einen Gedanken an die schlimmste Zeit des Lebens zu denken, an eine beinah tödlich endende Beziehung. Eine Angst, die in einem wächst und sich wie ein Geschwür entwickelt. Es fängt in den Fingerspitzen an, breitet sich über die Arme aus und landet dann im Kopf und schlussendlich in den Beinen.
Zuerst ist es ein wohltuendes Gefühl, es beflügelt sogar, aber dann … Es dauert seine Zeit, bis man begreift, dass man etwas dagegen tun muss, um wieder frei zu sein. Frei von der Angst und dem ständigen Gefühl, in sich selbst gefangen zu sein. Der Gedanke ist einfach, man stellt sich vor, locker ohne Regung an ihm vorbeizugehen, als wäre nichts gewesen, ihm einfach die kalte Schulter zeigen. Ist man aber an ihm vorbeigegangen, spürt man förmlich die Blicke, die auf einem haften. Er ist wie der Pol eines Magneten, dem sich der Gegenpol kaum zu entziehen vermag. Man zerrt und verharrt, man kämpft und verliert – zack, schon hängt man wieder am Pol dran und versucht, sich erneut zu befreien. Man redet auf ihn ein, oder auf sich selbst, lass mich los, lass mich gehen! Der Verstand ist bereit diesen Schnitt zu machen, aber der Körper versagt, wischt den Gedanken weg und schon ist man wieder im gleichen Trott.
Du machst mich kaputt
„Hör zu. Mit uns beiden, das wird auf Dauer nichts. DU MACHST MICH KAPUTT!“ Er reagiert nicht, er steht nur stumm da und scheint zu grinsen. Man meint sogar, ein verzerrtes überhebliches Grinsen zu entdecken. „Wie kannst du nur so arrogant sein?“ Er antwortet nicht, er schweigt und zeigt einmal mehr mit seiner Sturheit, wie sehr er davon überzeugt ist, dass ich schwach bin. Das muss ein Ende haben, ich kann das nicht länger aushalten. Jeden Morgen mit dem gleichen miesen Gefühl im Magen aufzuwachen, den ganzen Tag kaum etwas essen zu können, weil alle Sinne sich zur Wehr setzen und sich nur dann zu beruhigen scheinen, wenn man nachgibt. Aber mit Nachgeben gibt man sich langsam selbst auf und aufgeben, das will ich nicht. Ich muss mich ändern! Ich will mein Leben zurück! Ich muss ihn beseitigen! Nur seine Zerstörung kann mich retten, sonst zerstört er mich. Aber wie?
Schmiede einen Plan
Gehe in dich, schmiede einen perfiden Plan, lass ihn im Dreck versinken und mach dir Mut, ihm endlich Lebewohl zu sagen. Ich bin stark, ich kann auch ohne ihn leben, ich brauche ihn nicht. Was bringt er mir schon, außer diesem elenden Gefühl, ein Fußabtreter zu sein, sich selbst nicht mehr im Spiegel betrachten zu können. Ja, schau nur, was er aus dir gemacht hat, einen alten, vergrauten, einsamen und unglücklichen Menschen. Die Zeiten sind längst vorbei, in denen er mich in einen schwebenden Glücksmoment versetzen konnte. Im Grunde hat er mir ja nur die Sinne vernebelt und mich so in seinen Bann gezogen. Ich konnte zeitweise keinen richtigen Gedanken mehr fassen, so sehr beherrschte er mich. Ich werde ihm mit dem Hammer den Schädel einschlagen, er soll nie wieder über mich herrschen können. So rannte ich voller Panik in den Keller, so als hätte ich Angst, er könne mir folgen. Ich suchte nach dem größten Hammer, den ich hatte, nahm ihn fest in meine Faust und rannte die Treppe wieder hoch, dorthin wo er stand. Wie immer stur, ohne Worte, behaftet mit diesem widerwertigen Grinsen, von dem ich wusste, dass ich es mir nur einbilde. Dann ging alles ganz schnell, ich hob den Hammer über meinen Kopf und schnellte mit voller Kraft nach vorne und schrie laut: „Ich hasse dich, verschwinde aus meinem Leben.“ Erleichtert ließ ich den Hammer fallen. „So, jetzt ist es vorbei, jetzt kannst du mir nichts mehr anhaben.“ Ein wohliges Gefühl breitete sich in mir aus. Das Zittern meines Körpers vermochte ich wohl noch einige Tage zu verspüren, aber die Zeit heilte auch diese Wunde. Ich stehe seither mit klarem Kopf auf und das erdrückende Gefühl in mir verflog mit der Zeit. Neue Gedanken beflügelten mich, endlich wieder frei atmen, nicht mehr dem Zwang erlegen zu sein, sich benebeln zu müssen und nicht mehr selbst Herr über seinen Körper und die Gedanken zu sein. Nachdem ich die Scherben aufgekehrt hatte und in den Müll trug, konnte ich ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden jeder Flasche Alkohol widerstehen. Mit erhobenem Haupt, zeigte ich erhaben jeder einzelnen Flasche im Regal der Supermärkte: „Du beherrschst mich nie wieder!“
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