„Da, der Herr des Hauses geht schon wieder an die Truhe und holt etwa heraus! Du meine Güte, das hätte ich auch gerne.“ Oh, ich muss leise sein, sonst entdeckt mich noch jemand. Seit Tagen beobachte ich nun das Treiben in dem Haus gegenüber und bin mit mir übereingekommen, dass ich etwas ändern muss. Ich will das, was er hat.
Dieser Dirk, dieser reichlich verwöhnte Fettsack. Man müsste ihn mit Scheiße einreiben und in den Schweinestall stecken, denn genau dort gehört er hin. Entweder liegt er faul am Pool und sonnt sich oder er geht mit Bia seiner Liebsten spazieren. Dabei hebt er seine Nase in die Luft und wackelt mit seinem fetten Hinterteil, als wäre er Prinz M von A. Ich kann gar nicht begreifen, dass sich das hübsche Ding Bia an seiner Seite glücklich fühlt. Sie könnte wahrlich einen Besseren haben. Gut, sie ist nun mal in diesen Kreisen geboren und aufgewachsen. Sie würde sich nie mit einem armen Schlucker wie ich es bin abgeben wollen, obwohl ich bei Weitem besser aussehe, wesentlich sportlicher, größer und schlanker bin als Dirk. Tja, aber ich bin nun mal nicht adlig geboren, also muss ich irgendwie anders nachhelfen.
Der richtige Zeitpunkt
Was tut ein armer Schlucker wie ich nun in einer solchen Situation? Provozieren natürlich. Ich muss ihn aus der Reserve locken.
Der Zeitpunkt kam recht schnell und stand klar vor meinen Augen. Die Herrschaften verließen gemeinschaftlich das Haus, und wie ich hoffte, war der Riegel an der Haustür nicht vorgeschoben, so konnte ich in aller Ruhe hinein.
Man, roch das angenehm hier drin, alles so frisch und rein, anders als in den Slums wo ich herkomme. Also schritt ich zur Tat. Es dauerte nicht lange und das Haus war von oben bis unten verwüstet. Alles was irgendwie auf Regalen stand oder auf der Küchenzeile, war zu Boden gefallen. Ein Werk, wie es ein Einbrecher hätte nicht besser hinterlassen können. Dann noch schnell zur Truhe. Ich hatte einwenig Probleme den Deckel zu heben, aber die Beute war dafür ergiebig und vom Feinsten.
Wer war das?
Als die Herrschaften wieder zuhause waren, ich beobachtete das Treiben wie immer von der anderen Straßenseite aus, blickte ich mit einem schelmischen Lächeln auf das Theater, das sich mir bot. Die Polizei kam, die Herrschaften waren außer sich und Dirk wurde für seine Nachlässigkeit bestraft. Schließlich war er ja angestellt, um auf das Haus aufzupassen und es zu sichern. Ja, das war Teil der Nummer. Für die Sicherheit des Hauses bekam er eben den gleichen Luxus wie Bia. Der Rauswurf von Dirk war spontan, nun saß er auch auf der Straße, genau wie ich. Dirk würde es allerdings schwer haben sich zurecht zu finden, er war es nicht gewohnt, sich aus der Mülltonne zu ernähren.
Des Pudels Kern
Nur wenige Tage später nahm ich all meinen Mut zusammen und folgte Bia bei ihrem täglichen Spaziergang. Nach einigen Metern, ich ging auf Augenhöhe neben ihr, drehte sie sich zu mir um und zeigte mir ihre blendend weißen Zähne. Ich erschrak. Dann zischte sie: „Pass auf, du hässlicher Kerl. Ich weiß, dass du das warst mit der Verwüstung im Haus und ich bin dir dankbar dafür, dass du dafür gesorgt hast, dass dieser arrogante Dirk gefeuert wurde. Aber glaub nur nicht, dass du nun an seine Stelle treten darfst.“ Ich blieb stehen und schaute ihr mit einem weinenden Auge nach. Schade, Bia ist wirklich eine prachtvolle Pudeldame. Ich hätte sie gern näher kennengelernt. Aber macht nichts, dafür habe ich ja den tollen Knochen aus der Truhe.
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Weitere Kurzkrimis von mir:
Lottoglück
Segeltörn
Mit mir nicht
Nicht jeder Schatz macht reich
Tag X
Das will ich auch
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